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In Männerkleidern /
Das verwegene Leben der Catharina Margaretha Linck alias Anastasius Lagrantinus Rosenstengel, hingerichtet 1721. Biographie und Dokumentation

Autor: Angela Steidele

Deutsch
2021 - Insel Verlag

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€ 13,99

Inhalt

Kurztext / Annotation

Die faszinierende Biografie einer Vorreiterin queerer Lebensentwürfe

Catharina Linck war die letzte Frau, die in Europa wegen der »Unzucht mit einem Weybe« hingerichtet wurde. Aufgewachsen im Waisenhaus in Halle, legte sie schon als Fünfzehnjährige Männerkleider an, nannte sich Anastasius Rosenstengel und »caressierte« mit einem »von Leder gemachten ausgestopfften Männlichen Glied« zahlreiche »schöne Weibspersonen«. Nach unsteten Wanderjahren als Prophet einer pietistischen Sekte kämpfte er als Musketier im Spanischen Erbfolgekrieg, desertierte und arbeitete als Handwerker, ehe er 1717 in Halberstadt eine andere Frau heiratete. Von der argwöhnischen Schwiegermutter enttarnt und verraten, wurde Catharina Linck der Inquisitionsprozess gemacht, und der preußische König Friedrich Wilhelm I. verurteilte sie persönlich zum Tode.

Kenntnisreich und voller Sympathie erzählt Angela Steidele die verblüffende Lebensgeschichte einer furchtlosen Frau aus ärmlichen Verhältnissen, die mit Witz und Abenteuerlust alle Grenzen sprengte, die ihr durch Geschlecht und Stand gesetzt waren. Ergänzt um die - aus heutiger Sicht - skurrilen Gerichtsakten verändert In Männerkleidern unseren Blick auf die Frühe Neuzeit und gleicht dabei einem Schelmenroman voll tragischer Komik.



Wissenschaftlich recherchieren – literarisch schreiben ist Angela Steideles Markenzeichen in Werken wie Geschichte einer Liebe: Adele Schopenhauer und Sibylle Mertens (2010), Anne Lister. Eine erotische Biographie (2017), Zeitreisen (2018), Poetik der Biographie (2019) und In Männerkleidern. Das verwegene Leben der Catharina Linck alias Anastasius Rosenstengel, hingerichtet 1721 (2021). Für ihren Roman Rosenstengel (2015) erhielt sie den Bayerischen Buchpreis. Aufklärung. Ein Roman war 2023 für den Preis der Leipziger Buchmesse nominiert und wurde mit dem Klopstock-Preis für neue Literatur ausgezeichnet. Die Autorin, geb. 1968, lebt in Köln.

Textauszug
»MannsKleÿder«

Neuorientierung (1700-1703)

Bei dem Wagner in Halle war Catharina Linck zwar der ständigen Kontrolle durch die Lehrer und die Aufseherin im Waisenhaus entzogen; sie sollte allerdings weiterhin die öffentliche Betstunde besuchen. Der Weg nach Glaucha war kurz, und sie wird auch zu ihrer Mutter und zu Schulfreundinnen Kontakt gehalten haben. Bald kam es jedoch zu Schwierigkeiten mit dem Wagner oder seiner Familie, bei der sie, wie damals üblich, lebte und arbeitete. Vielleicht hatte sie gehofft, bei ihrem neuen Herrn zu lernen, wie man Räder aus Holz macht oder Karren und Wagen zimmert, und musste stattdessen als Magd die niederen Dienste verrichten, die sie schon im Waisenhaus hatte tun müssen. Oder war der Wagner unzufrieden mit ihr? Jedenfalls wechselte Catharina Linck bald schon zu einem Knopfmacher und Kattundrucker, dem sie bei seinem Handwerk half. Er kann das Mädchen zwar nicht als ordentlichen Lehrling aufgenommen haben; doch da sie später immer wieder in diesem Beruf arbeitete, muss sie Unterweisung gehabt haben.

Ursprünglich hatte das Textilgewerbe in Halle keine Tradition, da sich das solehaltige Wasser der Saale schlecht zum Walken eignete.1 Der Salzexport hatte die Stadt im Mittelalter reich gemacht, doch nach der Zerstörung im Dreißigjährigen Krieg war Halles alter Glanz vorbei. Als Teil des Erzstifts Magdeburg fiel die Stadt dem Kurfürstentum Brandenburg zu, dessen Herrscher geschickt Toleranz als Wirtschaftspolitik übten: Um 1700 lebten in Halle 726 Hugenotten, die sich auf die Woll- und Tuchherstellung und -weiterverarbeitung spezialisiert hatten. Höchstwahrscheinlich lernte Catharina Margaretha Linck also bei einem französischen Meister. Da das Knopfmachen und der Kattundruck2 zwei verschiedene Handwerke waren, dürfte Catharina Linck in einer größeren Werkstatt mit verschiedenen Produktionszweigen aufgenommen worden sein. Knopfmacher stellten nicht nur Knöpfe her, sondern auch Quasten, Gürtel aus Schnüren u.ä. Dafür wurde Seide, Kamelhaar oder Wolle zu vierfachen Fäden gedreht, mit Gold- und Silberdraht zu Schnüren weiterverarbeitet und schließlich in verschiedenen Mustern auf bzw. um hölzerne Knopfrohlinge genäht. Das Kattundrucken war eine ganz andere Arbeit. Baumwolle, aus Nordamerika bzw. der Karibik importiert, wurde zu Catharina Lincks Lebzeiten immer beliebter, weil sie sich, im Unterschied zu Wolle, so gut waschen lässt. Die sogenannten Blau- oder Schönfärber stellten Farben her, wuschen, färbten, beizten und spülten die Stoffe und erzeugten Muster in verschiedenen negativen und positiven Druckverfahren. Da sich Catharina Linck später erfolgreich als Schönfärber und Kattundrucker ausgab, muss sie sich einiges von dieser Kunst angeeignet haben.

Dennoch war sie auch bei dem zweiten Handwerksbetrieb in Halle nicht zufrieden - oder mit sich, ihrem Leben und ihren Aussichten. Vermutlich im Frühjahr 17033 schnürte sie leichtes Gepäck - viel mehr dürfte sie auch kaum besessen haben - und begab sich auf ihre erste eigenständige Reise. Die bald Sechzehnjährige wanderte ohne Begleitung nach Calbe, einem kleinen Städtchen an der Saale wenige Kilometer vor ihrer Einmündung in die Elbe. Für die 55 Kilometer brauchte sie zu Fuß etwa zwei Tage; sollte sie immer an der Saale flussabwärts gegangen sein, nahm sie zwischendurch vielleicht auch ein Fischer in seinem Kahn mit. Sie wird fast kein Geld gehabt und in einer Scheune oder unter freiem Himmel geschlafen haben.

Catharina Margaretha Linck zog es nach Calbe, weil sie dort Freunde hatte, wie sie später in ihrem Gerichtsprozess angab. Lebte dort eine ehemalige Klassenkameradin? Oder Bekannte oder Verwandte ihrer Mutter aus ihrer Schönebecker Zeit? Calbe liegt nur zwölf Kilometer von Schönebeck entfernt. Hier, am neuen Ort, wo man sie allg

Beschreibung für Leser
Unterstützte Lesegerätegruppen: PC/MAC/eReader/Tablet

Buchdetails

Titel: In Männerkleidern
Untertitel:Das verwegene Leben der Catharina Margaretha Linck alias Anastasius Lagrantinus Rosenstengel, hingerichtet 1721. Biographie und Dokumentation
Autor:Angela Steidele
Verlag: Insel Verlag
Erscheinungsjahr:2021
Sprache:Deutsch
329 Seiten
ISBN-13: 978-3-458-77068-8

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